Rebensaft aus ganz Europa
Fast schon Kult ist das Obersalbacher Weinfest, liebevoll gestaltet von „Hobby-Weinfreunden“.
Am Samstag und Sonntag konnte man sich quer durch die europäische Weinlandschaft kosten, ohne dabei Obersalbach zu verlassen. Neu gestaltet war diesmal das Scheunencafé.
Herbert Görgen schlendert mit Kennerblick über das Weinfest in Obersalbach. Er sucht was Feines fürs Dorffest in Urexweiler. Schnell kristallisiert sich ein Rosé aus Navarra als Favorit heraus: „Ein prima Sommerwein. Den kann ich mir gut vorstellen, er vermittelt Urlaubsstimmung.“ „Wundervolles Aroma von Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren“, steht auf der Getränkekarte. Peter Wilhelm, der für die Spanier zuständig ist, beschreibt ihn mit blumig-zart.
Jeder Stand in dem kleinen Weindorf neben der Kirche widmet sich einem anderen Land. Bunte Fähnchen zeigen, wo's lang geht. Frankreich lockt mit Käsespießchen und Köstlichkeiten in Rot und Rosé. Dieter Geiger offeriert hier Schätze, die er auf Reisen entdeckt hat. Den Cheval Noir habe er nahe Bordeaux gefunden, den Château Capitoul in Narbonne. Neben Neuheiten stehen Dauerbrenner von der Côte du Rhône. Zum gewissen Etwas trägt der charmante Akzent der Lothringerin Christine Hoch bei, die den Wein kredenzt.
Ernst Prediger, der Italienisches von A wie Apulien bis V wie Venezien anbietet, hat bestimmte Vorstellungen von einem Wein: Die Traube solle man rausschmecken, nicht das Fass oder das Holz. „Wir sind immer am Suchen und Probieren“, sagt er und: „Ich habe schon Weine für das nächste Fest im Auge.“
Vor elf Jahren hob der örtliche Tennisclub zusammen mit dem Männergesangverein das erste Weinfest aus der Taufe. Die spleenige Idee – Obersalbach ist schließlich von Feldern, Wiesen und Weiden umgeben und nicht von Weinbergen – hat inzwischen Kultcharakter angenommen: 140 Obersalbacher, also gut ein Drittel der Dorfbevölkerung, wirken an der Inszenierung mit. „Das ist in kleinen Orten so“, sagt Ernst Kirsch. Der Vorsitzende des Männergesangvereins mischt als Pizzabäcker mit. „Alles handgemacht“, sagt er, und dass sich über die Jahre feste Ressorts herauskristallisiert haben.
Das kleine, von frischen Birkenstämmen umsäumte Weindorf mit den putzigen Holzhäusern wird von Jahr zu Jahr perfekter. Das im eleganten Pavillonstil ausgekleidete Scheunencafé ist neu. Alle Obstkuchen und üppige Creme-Torten wurden in Obersalbacher Küchen fabriziert. Brigitte Mai hat „wie immer“ 150 kleine Gläser mit Tiramisu gefüllt. Mit „Biskuit, Mascarpone, Sahne und rühren“, fasst sie die Vorbereitungen zusammen.
Flüssiges braucht feste Grundlagen: Jeder der Hobbyweinanbieter hat etwas zubereitet. Zum Mosel wird Birnen-Tarte mit Ziegenkäse in den Ofen geschoben. Gegenüber serviert Kilian Näckel selbst gemachten grün-weißen Spargelsalat mit Cocktailtomate und Entenbrust zu Saar, Pfalz und Nahe. Riesling sei sein Lieblingswein, verrät er. Trocken, halbtrocken oder edelsüß, es komme immer darauf an, was, was man dazu esse: „Saarwein gefällt mir am besten zu paniertem Kalbsschnitzel mit Kartoffelpüree. Das schmeckt fantastisch.“ Auch der Wein von Günther Jauchs Weingut Othegraven ist solch ein Riesling von der Saar. Auf dessen Karte steht: „Leicht wie eine Feder und doch mit großem Tiefgang. Ein Wein, der eher in die Beine geht als in den Kopf.“
Quelle: SZ vom 25. Juni 2013